Eine Meditation von Valentin Tomberg

 

Mitternachtssonne

(Weihnachtsstimmung)

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Wenn das Tageslicht geschwunden ist, wenn das Schimmern des Abends sich im Nachtdunkel gelöst hat, wenn die Mitternachtsstunde schlägt, da kommt eine große Stille über die wache Seele.

Was ich tun soll, tue ich morgen, was ich getan habe, habe ich gestern getan. Was mir geschehen soll, möge geschehen – ich aber tauche unter in das uferlose Meer der Mitternachtsstille.

Denn die Stille ist groß, wie das Meer. Sie strömt in meine Seele, sie erfüllt meinen Leib, sie durchströmt mein ganzes Wesen, und ihr majestätischer Wellenschlag umspült die Ufer der Welt dort, wo Saturns Urmacht des Weltenernstes waltet. Die Stille wogt durch die Welt. Sie strömt von Stern zu Stern. Sie erfüllt den Weltenraum.

Die Wogen der Weltenstille erheben sich und senken sich.

Meine Seele atmet sie. Meine Seele wogt mit der schweigenden Welteninnigkeit. Meine Seele ist die Welt.

Und die Welt ist unendliche Stille. Und Tiefe. Meine Seele wird Tiefe. Noch mehr, keine Gedanken. Keine Erinnerung.

Wunschlos. Stille.—

Urgewaltig ist die Weltenmacht. Mächtig hält sie die Welt im Inneren. Gewaltig durchdringt sie meinen Leib. Weltenwach hält sie meine Seele.

Die Welt ist mächtig.

Weltenmacht erfüllt meine Seele.

Die Welt spricht.

Meine Seele ist ganz Lauschen.—

Der Hauch des Weltenurgrunds erfüllt meine Seele mit unsäglicher Helligkeit. Helle, tönende Seligkeit durchströmt meine Seele. Erhabene Gegenwart beglückt sie.

Die Welt ist gut.

Güte haucht aus dem Weltengrunde meine Seele an.

Meine Seele ist ganz Urabsicht der Welt, durchströmt vom Urgefühl. Im Urgefühle ersteht meiner Seele die Vergangenheit. Sie spürt den Weltenstrom des Willens, der aus Weltvergangenheit in Weltzukunft strömt.

Meine Seele strömt im Strome des Weltenwollens. Und das Weltenwollen ist Feuer der Mitternacht.-

Um die tiefe Mitternachtsstunde ersteht vor der in stiller Einsamkeit wachenden Seele im dunklen Raume des Weltenschweigens die rote Scheibe der Feuersonne.

Im Dunkel atmet Weltenstille. Im schweigenden Dunkel des Weltenraumes ersteht vor der Seele die Quelle ihrer Feuermacht. Urgefühle tönen aus ihr; Urwille erströmet aus ihr.

Um die Mitternachtsstunde feiert die Seele das uralte Fest des „Gegenüberstehens der Weltensonne“.

Im äußeren Leben wird um diese Zeit Weihnachten gefeiert.